Innere Stimme und Grübelschleifen

Die innere Stimme, unser „eingebauter Kompass“, kann uns helfen den für uns richtigen Weg im Leben zu finden. In diesem Blogpost möchte ich, ausgehend von einer hörenswerten Podcastepisode, darauf hinweisen wie wir die innere Stimme in der Beratung nutzen können.

Die Podcastepisode: „Die innere Stimme – Was sie uns sagen will und wie man ihr zuhört.“ beleuchtet dieses komplexe Phänomen und präsentiert Forschungsergebnisse, um diesem spannenden Phänomen auf die Spur zu kommen. Der Journalist Max Rauner macht sich im SWR-Wissen-Podcast auf die Suche, wie die Wissenschaft mittels Hirnscannern, tragbaren Beepern und speziellen Fragetechniken die vielfältigen Aspekte der inneren Stimme untersucht.

Die innere Stimme dokumentieren

So beschäftigt sich beispielsweise Professor Charles Fernyhough von der Durham University seit Jahren intensiv mit diesem Thema. Mit der Methode des „Descriptive Experience Sampling“ versucht er in seinem Forschungsprogramm „Hearing the Voice“ unsere innere Stimme zu dokumentieren. Dies geschieht, indem Probanden mehrmals täglich angepiept werden, und dann aufgefordert sind, ihre Gedanken festzuhalten. Über die Zeit gelingt es Menschen immer besser auf ihre innere Stimme wahrzunehmen und zu dokumentieren, was gerade in Ihnen vorgeht. Es zeigt sich, dass die innere Stimme viel „plappert“, es sich aber auch innere Dialoge finden lassen. Diese inneren Abwägungen interessieren den Forscher am meisten.

Die innere Stimme als Problemlöserin

Fernyhough sieht mit den Ergebnissen seiner Forschung zur inneren Stimme die Theorie des russischen Psychologen Lew Wygotski bestätigt. Dieser ging davon aus, dass sich die innere Stimme in der Kindheit entwickelt. Kinder lernen ihre Muttersprache in der Auseinandersetzung mit ihrem sozialen Umfeld und beginnen, sobald sie die Sprache lernen, auch mit sich selbst zu sprechen. Zum Beispiel, indem sie im Spiel ihre eigenen Handlungen und Hindernisse, auf die sie stoßen, laut kommentieren. Dies hilft dem Kind dabei Aufgaben zu lösen und sich im Spiel und in der Welt zurechtzufinden.

Mit dem Schulalter verlagert sich dieses Kommentieren in der Regel ins Innere. Wir sprechen nicht mehr laut zu uns, behalten aber die innere Stimme als wichtiges Korrektiv, welches uns dabei hilft Pläne zu fassen, Entscheidungen abzuwägen und die Probleme des Lebens zu meistern.

Die innere Stimme in der Beratung

Wenn wir in der Beratungspraxis mit Methoden wie dem inneren Team arbeiten, machen wir diesen inneren Dialog sichtbar, geben unserer inneren Stimme Raum, setzen uns mit ihr auseinander und schaffen die Möglichkeit, dass unserer inneren Stimme Gehör geschafft wird. Eine polnische Studie hat im Übrigen versucht zu kategorisieren, auf welche inneren Stimmen wir besonders häufig stoßen. Dies sind Treue Freundin, Hilfloses Kind, Stolze Konkurrentin, Ambivalente Eltern. Innere Anteile, auf die ich in der Beratungspraxis auch immer wieder gestoßen bin.

Ich vermute, dass die Form der Beratung mit inneren Anteilen vor allem deshalb so wirksam ist, weil wir an unsere eigenen frühkindlichen Lösungsstrategien anknüpfen. Wie im kindlichen Spiel, der grundlegendsten Form unserer Interaktion mit der Welt, benennen wir laut was ist und treten in der Beratung in einen (angeleiteten) Dialog mit uns selbst. So kann es gelingen, zu uns selbst zu kommen, zu sortieren, welches unsere eigene Stimme ist und welches internalisierte Stimmen aus dem Umfeld, um so die eigene Lösung für ein Problem zu finden.

Hilfe gegen Grübeln und innere Unruhe

Die innere Stimme kann aber auch zur Belastung werden, wenn wir zu viel Grübeln oder uns in endlosen Gedankenschleifen verfangen. Hier kann der im Podcast vorgestellte „Werkzeugkasten gegen Grübelschleifen“ von Prof. Ethan Kross hilfreich sein. Der Professor für Psychologie von der University of Michigan hat, ausgehend von seiner Forschung die Chatter Toolbox zusammengestellt. Da seine Anleitung auf Englisch ist, habe ich mir erlaubt, sie zu übersetzten: 10 Erst-Hilfe-Maßnahmen gegen Grübelschleifen. Sie umfasst praktische Tipps wie das Ansprechen des eigenen Selbst in der zweiten Person, ein Spaziergang in der Natur oder Techniken aus dem freien Schreiben, die ich auch in diesem Blog schon vorgestellt habe.

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