Der Lebenslauf: Überforderung und Scham überwinden

Der Lebenslauf ist neben dem Anschreibe das zentrale Dokument für eine Bewerbung. Während das Anschreiben „nach vorne schaut“ und Zeugnisse einfach nur beigefügt werden, schaut der Lebenslauf zurück auf das was war. Die eigene Biografie vor fremden Menschen auszubreiten, fällt manchen Menschen schwer, besonders wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Lebenslauf „nicht genügt“.

Im Bewerbungscoaching bekomme ich immer wieder mit, dass es für viele Personen schwer ist einen Lebenslauf zu schreiben. Entweder weil sie sich von den vielen Ratgebern und Tipps überfordert fühlen, oder sich schämen, keinen „lückenlosen“ oder vermeintlich passenden Lebenslauf vorweisen zu können.

Ich bin davon überzeugt, dass Bewerbungen dann am besten sind, wenn sie ehrlich geschrieben sind und die Bewerbenden zu sich stehen. Bunte Lebensläufe sind spannend und zeugen davon dass hinter dem Papier eine Persönlichkeit steckt.

Ich habe daher einige Strategien und Gedanken zusammengefasst, die dir helfen können, falls auch für dich das Schreiben des Lebenslaufes belastend ist.

Nimm dir Zeit für deinen Lebenslauf

Um sich dem dem eigenen Lebenslauf mit Aufmerksamkeit und Liebe zu widmen braucht es Zeit. Gerade wenn es eine Aufgabe ist , die du eigentlich „ganz schnell abhaken“ möchtest, solltest du dir die Zeit gönnen. Gut Ding will Weile haben. Am besten machst du es dir mit der Aufgabe richtig gemütlich. Wenn du dich ganz entspannt und mit Muße deinem eigenen Leben(slauf) widmen kannst, kann es sogar Spaß machen, deine Stationen revue passieren zu lassen und sie aufzuschreiben.

Der Eisbrecher – Lebenslauf

Das Schreiben des Lebenslaufes macht dann Freude, wenn man die vielen kleinen Dinge entdeckt die man im Leben schon geleistet hat. Auch diese können Platz im Lebenslauf haben. Wenn du dich sehr blockiert fühlst, schreibe doch erst einmal einen Eisbrecher-Lebenslauf ganz für dich selbst. Ein Lebenslauf, den du nicht für Bewerbungen verwenden wirst, sondern der erst einmal nur für dich ist. Lasse dich einfach von der Lust leiten und gestalte so, dass es dir Freude macht und dir gut tut. Für diesen Lebenslauf gibt es keine einzige Regel. Du kannst als Inspiration die verschiedensten Dinge nutzen:

  • höre die Playlist die dich durch die Prüfungszeit begleitet hat,
  • quatsche mit der Lieblingskollegin von früher, von der du lange nichts gehört hast
  • tobe dich bei der Gestaltung voll aus, nutze Farben
  • blättere nebenbei ein Fotoalbum von früher durch
  • nutze Bilder um den Lebenslauf in eine Collage zu wandel
  • probiere mit Schriften und Designelementen, bis du etwas findest was dir gefällt und zu dir passt

Ein solcher Eisbrecher Lebenslauf ist eine tolle Vorbereitung für den Lebenslauf, den du versenden wirst und manchmal muss gar nicht mehr viel geändert werden.

Vergiss (erst einmal) die formalen Anforderungen

Wenn du mit deinem Eisbrecher fertig bist, kannst du dir überlegen, was du davon im offiziellen Lebenslauf übrig bleiben soll. Wie bitte? Der eben erstellte, völlig freie Lebenslauf soll der Ausgangspunkt für für einen Lebenslauf sein, der abgeschickt wird? . Ein Lebenslauf muss doch formalen Kriterien genügen….

Stimmt nicht! Es gibt keine gesetzlichen Regeln wie ein Lebenslauf auszusehen hat. (Es gibt lediglich einige wenige Angaben die für die korrekte Verwaltung der Beschäftigung mitgeteilt werden müssen und es ist praktisch wenn dies im Lebenslauf geschieht: höchster Bildungsabschluss, Kontaktdaten, weitere Beschäftigungen etc.) Wie ein Lebenslauf aussieht, ist nur eine Konvention, eine Erwartung die sich über die Zeit eingebürgert hat. Rechtlich bindend ist lediglich, dass die gemachten Angaben (vor allem zu Noten, Abschlüssen, Positionen etc.) korrekt sein müssen!

Schreibe also zuerst deinen Lebenslauf, so wie er sich für dich gut anfühlt. Am Schluss kannst du dich dann um Formalitäten kümmern und schauen welche du für dich sinnvoll findest und welche du übernehmen möchtest.

Es gibt nicht den perfekten Lebenslauf

Es gibt in Deutschland tausende Personalverantwortliche und jede Person, die deinen Lebenslauf in die Hand nimmt, beurteilt deinen Lebenslauf nach 2 Dingen:
1. Bringst du möglichst viele (merke: möglichst viele heißt auch nicht zwangsläufig alle) gewünschten Voraussetzungen mit
2. Dem persönlichen Geschmack

Es gibt also nicht den einen perfekten Lebenslauf! Jede Person wird deinen Lebenslauf mit anderen Augen lesen und was die Eine kalt lässt, löst bei dem anderen Begeisterung aus.

Die vielen Formalitäten, die man in Ratgebern findet, sind zudem vielen Personalverantwortlichen selbst nicht bewußt sein. In vielen, gerade kleineren Firmen werden neue Mitarbeitenden von Personen ausgewählt, die auch nicht alltäglich mit Einstellungen zu tun haben.
Und bei Personen, die jeden Tag Bewerbungen lesen, kommt ein etwas unkonventioneller Lebenslauf meist gut an.

Versuche also nicht den mutmaßlich perfekten Lebenslauf abzuliefern und es allen Recht zu machen.
Schreibe DEINEN Lebenslauf!

Mut zur Lücke

Häufig höre ich die Frage, wie man mit „Leerstellen“ im Lebenslauf umgehen soll – offen und ehrlich!

Längere Zeiten der Erwerbslosigkeit, ein nicht abgeschlossenes Studium, fehlende Berufserfahrung oder eine abgebrochene Ausbildung sollten nicht kaschiert werden. Es ist nicht nur ein Lebenslauf, sondern dein Leben. Und dieses Leben hat keine Lücken oder Leerstellen die es zu verstecken gilt. Im Leben von allen Menschen gibt es Phasen, in denen alles wie von selbst läuft und Phasen in denen es schwer ist. Beides gehört zu unserem Leben dazu. Menschen sind nicht perfekt und wenn eine Firma nur“gerade Lebensläufe“ akzeptiert ist es ein Ausdruck dafür, dass dort keine Kultur der Wertschätzung und Akzeptanz von Diversität herrscht. Fraglich, ob du dich dauerhaft dort wohl fühlen würdest.

Im Übrigen gehen die Versuche des Kaschierens meist fürchterlich schief. Ein Lebenslauf, in dem jede „Lücke“ mit „beruflicher Neuorientierung“ gefüllt ist, nur um zu zeigen, dass immer etwas gemacht wurde, wirkt auf mich nicht nur drüber, sondern ist auch schwer zu lesen und hält davon ab, das zu sehen worauf es wirklich ankommt.

Anstatt etwas zu „vertuschen“ solltest du dich also darauf konzentrieren, was dich im Positiven ausmacht.
Keine toxischen Versuche des Filterns und Kaschierens, stattdessen lieber den Fokus auf das Tolle an dir richten!

Just do it

Jeder abgeschickte, mittelmäßig zufriedenstellende Lebenslauf ist 1000 Mal besser als der fast perfekte Lebenslauf der unverschickt bleibt.
Schick ihn einfach ab, du wirst ihn für die nächste Bewerbung immer noch verbessern können. 😉

Solltest du individuelle Fragen zu deiner Bewerbung haben, oder ein komplettes Bewerbungscoaching wünschen, freue ich mich von dir zu hören.