Methoden in VR – Umgang mit virtuellen Stiften

In den letzten Monaten habe ich mit Klient*innen verschiedene Methoden in VR angewandt. Hier möchte ich auf Methoden eingehen, für die virtuelle Stifte zur Visualisierung genutzt werden.

In nicht digitalen Beratungssettings ist der Stift eines der wichtigsten Beratungsinstrumente. Er nimmt Notizen auf, hält Fragen fest, markiert und bezeichnet Punkte und lässt Bilder entstehen.
Es gibt eine berauschende Anzahl verschiedener Arten, Federn, Pinselartige, Kugelschreibende mit Gel, Tinte, Kohle, Graphit, Acrylfarben, Lacken usw. Und bei je nachdem wie diese Schreibutensilien, manchmal nur um wenige mm verändert gehalten werden erzeugen sie ein ganz anderes Schreibgefühl und Schriftbild.

Mit dieser wunderbaren Vielfalt können die Stift in VR wahrscheinlich nie aufwarten. Sie wirken klobig, zeichnen nur einheitlich große Linien und sind in der Handhabung nicht mit normalen Stiften zu vergleichen, da sie natürlich ebenfalls über die Handcontroller gesteuert werden. Man hat keine „normale“ Stifthaltung. Zudem ist es in VR nicht immer ganz einfach in einer Ebene zu schreiben, da es keinen Referenzpunkt und kein Feedback durch die beschriftete Fläche gibt.

 

nicht immer ganz einfach - Die VIP Karte wurde auf der Wand begonnen und wandert immer weiter in den Raum hinein
Handcontroller - alles andere als ein normales Schreibgefühl
Die virtuellen Stifte haben aber auch einige Vorteile

In einer Sitzung zum inneren Team hat der Klient sein Team aufgezeichnet. Was für mich besonders bemerkenswert war, wie toll es ist lebensgroß ein inneres Team in den Raum zu malen. Es gibt nicht die Beschränkungen einer Leinwand oder eines Blattes. Das Bild kann immer größer und umfangreicher werden und da die Stifte auch „in der Luft“ schreiben kann man in seine Bilder eintreten, durch sie hindurchgehen, sie von allen Seiten betrachten und in der Beratung einen sehr spielerischen Zugang mit ihnen entwickeln. In einer Sitzung hat der Klient z.B. zwei Anteile sich gegenüberstehend in den Raum gemalt und sich dann abwechselnd hinter die Anteile gestellt um durch sie hindurch sehend und sprechend eine Botschaft an den anderen Anteil zu sprechen. Diese Interaktion mit dem gemalten Anteil, das in-ihm-Sein und  durch-ihn-Sprechen habe ich sehr viel eindrücklicher und intensiver erlebt als es in nicht virtuellen Beratungsräumen mit Karten geschieht. Die Imagination wird plastischer und lädt mehr zum „inneren Theater“ und Ausagieren ein.

Auch Genogramm-Arbeit ist in VR möglich. Besonders auffällig war in einer Sitzung, wie der Avatar des Klienten in seinem eigenen Genogramm arbeitet. Es ist nicht nur ein Zettel auf dem Tisch. Man taucht mit dem Avatar und damit in der eigenen Wahrnehmung in den Stammbaum ein. Auch ganz weit entfernte Personen hätten Platz, es wäre z.B auch möglich diese Personen ein paar Schritte entfernt aufzumalen um besondere Distanz zu betonen. Auch kann dreidimensional in alle Richtungen gearbeitet werden. Dies hebt viele Beschränkungen auf, die z.B. eine Flipchartfläche hat.

Personen bzw. deren Platzhalter, die in nicht virtuellen Settings, auf Karten gemalt werden um sie im Raum (oder sagen wir besser auf dem Fußboden) anzuordnen, können in VR überall im Raum einen Platz auf Augenhöhe finden.

Weitere  Vorteile sind natürlich noch, dass die digitalen Stifte niemals leer sind und nicht permanent die digitale Welt verändern. So kann alles bemalt werden, Tisch, Fußboden der Raum. Niemand muss hier nachher aufräumen oder etwas wegputzen.

Und auch für den Umgang mit Stiften in VR gilt wie für alles im Leben: Mit etwas Übung klappts ganz ordentlich 🙂

Dieser Artikel ist Teil der Reihe systemische Beratung in Virtual Reality.